Österreichs Bauernfamilien sind Wegbereiter für Biodiversitäts- und Klimaschutz
"Österreichs Bauernfamilien sind Wegbereiter - der Schutz von biologischer Vielfalt und Klima ist nur mit ihnen möglich", so Bauernbund-Präsident Georg Strasser und der Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Österreich, Josef Moosbrugger, bei der Präsentation des Biodiversitäts- und Klimaprogramms 2030. Wissenschaftliche Unterstützung erfahren die Interessenvertreter von Reinhard Neugschwandtner, Assistenzprofessor an der Universität für Bodenkultur Wien. Die Schwerpunktthemen Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Energie, Jagd und Fischerei sowie Wasserwirtschaft sollen in den kommenden Monaten in den Fokus rücken.
Strasser: Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft ist Teil der Lösung
"Bäuerinnen und Bauern sind Teil der Biodiversität, und ihre Existenz ist von der biologischen Vielfalt abhängig. Der Reichtum an Lebensmitteln und Lebensräumen mit ihren Tieren und Pflanzen ist kein Zufallsprodukt, sondern das Resultat harter bäuerlicher Arbeit. Sie bewirtschaften unseren Boden und managen so das größte CO2-Reservoir des Planeten. Gleichzeitig stellen sie das Fundament für erneuerbare Energien wie Windkraft und Photovoltaik bereit. Das ist ein enormer Beitrag zum Schutz von Biodiversität und Klima", stellt der Bauernbund-Präsident fest. Seit 1990 haben Bäuerinnen und Bauern den Treibhausgasausstoß in ihrem Sektor um fast 15% gesenkt. "In Österreich werden Lebensräume gemäß ihres nachhaltigen Ertragspotenzials bewirtschaftet. Das bedeutet, dass die pflanzliche und tierische Produktion an die verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen in den Regionen gebunden ist. Nachhaltige Bewirtschaftung garantiert somit die Existenz lebendiger Kulturlandschaften und der dort beheimateten Arten", so Strasser.
Bewirtschaftung leistet größeren Beitrag als Außer-Nutzung-Stellung
Flächen sollen nachhaltig genutzt werden, denn die "Bewirtschaftung leistet im jeweiligen Lebensraum einen größeren Beitrag zur Biodiversität und zum Klimaschutz als Nutzungseinschränkungen", sagt Strasser. Als Beispiel nennt er die Forderung nach einer Außer-Nutzung-Stellung etwa von Waldflächen. Konkret würde eine 10%ige Reduktion der Holzernte laut dem Institut für Wirtschaftsforschung Economica bedeuten, "dass damit 1 Mrd. Euro Wertschöpfung und 15.400 Jobs in der Forst- und Holzwirtschaft sowie weitere 10.000 Arbeitsplätze in den Zulieferbetrieben gefährdet wären", so Strasser und plädiert für einen Dialog mit Wissenschaft und Praxis. "Wenn wir Antworten auf Artenverlust und Klimaerwärmung wollen, müssen wir den Dialog mit der Wissenschaft suchen. Wenn wir Lösungen in puncto biologische Vielfalt oder der Nutzung von Kulturlandschaften wollen, müssen wir mit Bäuerinnen und Bauern reden. Um die geforderten Ziele bis 2030 zu erreichen, brauchen wir gemeinsame Nenner und keine pauschalen Schuldzuweisungen", so Strasser in Richtung EU-Kommission und NGOs.
Moosbrugger: Landwirtschaftliche Vielfalt schafft Lebensraum-Vielfalt
"Klima und Topografie machen möglich, dass Österreich zu den EU-Ländern mit der größten biologischen Vielfalt gehört. Die einzigartigen Landschaften und Lebensräume sowie die genetische Vielfalt an Arten, Sorten und Rassen gibt es aber nur aufgrund unserer Land- und Forstwirtschaft. Um diese Vielfalt zu erhalten und weiter auszubauen, braucht es Anreize und nicht Verbote oder gar ein Außer-Nutzung-Stellen. Für eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, wie sie bei uns betrieben wird, ist Biodiversität eines der wichtigen Zukunftsthemen. Denn die vielfältige Produktion und Arbeit der Bauern schafft eine Vielfalt an Lebensräumen und an Lebensqualität. Daher haben Experten aus Bauernbund und Landwirtschaftskammern das Biodiversitäts- und Klimaprogramm 2030 erarbeitet. Wir wollen damit die Biodiversität stärken und den Klimawandel, der die größte Bedrohung für die Lebensvielfalt und das Leben insgesamt darstellt, bekämpfen. Aber dafür müssen wir vom Reden ins Tun kommen und sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene die richtigen Weichen stellen, um die Klimabedrohung Nummer eins, die fossilen Energieträger durch erneuerbare zu ersetzen. Alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche, vom Hausgarten bis zum Industriebereich, sind gefordert, das kann nicht allein die Land- und Forstwirtschaft stemmen", stellt Moosbrugger fest und ergänzt: "Denn Klimaschutz ist nicht mehr ein Luxusproblem, sondern längst eine Überlebensfrage."
Anreize, die ermöglichen und nicht verhindern
"Unsere Betriebe haben zahlreiche Vorleistungen erbracht, wie der mit 26% der Fläche EU-weite Spitzenplatz bei der Bio-Landwirtschaft oder die über 84%ige Teilnahme am EU-Umweltprogramm belegen. Erst durch aktives Bewirtschaften lassen sich Lebensräume und Arten erhalten. Wir wollen schützen durch nützen", ergänzt Moosbrugger und verlangt politische Maßnahmen, wie die Anwendung von Klimazöllen und die volle Abgeltung von zusätzlichen Leistungen für Biodiversität, Klimaschutz und Tierwohl: "Die Land- und Forstwirtschaft ist Teil der Lösung und erwartet von der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik und vom Green Deal Anreize, die die regionale Produktion nicht verhindern, sondern forcieren, um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden. In Europa die Produktion unter dem Titel 'mehr Biodiversität' zu verhindern und dann Nahrungsmittel oder Rohstoffe aus Weltgegenden importieren zu müssen, die nicht annähernd EU-Standards haben, ist ein Widerspruch. Das alles geht nur mit den heimischen Bäuerinnen und Bauern und nicht gegen sie. Denn Lebensraumpflege-, Biodiversitäts- und Klimaschutzmaßnahmen der Land- und Forstbetriebe nützen allen."
Neugschwandtner: Hohe Produktion bei hoher Nachhaltigkeit sichern
Die Antwort der Landwirtschaft auf die Herausforderungen unserer Zeit heißt Ökonomie und Ökologie. "Die Außerbetriebnahme von Flächen ist kritisch zu sehen. Stattdessen braucht es mehr Effizienz in der Produktion und beim Energieeinsatz Beispielsweise können eine reduzierte Bodenbearbeitung, mehr Leguminosen in der Fruchtfolge und Zwischenfruchtanbau Biodiversität fördern", so Neugschwandtner.
Österreich ist gut auf dem Weg: Laut ÖPUL-Daten wird bereits auf rund 130.000 ha, also rund 10% der Ackerfläche, eine reduzierte Bodenbearbeitung durchgeführt. Auf 460.000 ha finden Begrünungsmaßnahmen statt. "Beides führt dazu, dass die Humusgehalte der heimischen Ackerböden gestiegen sind und damit mehr Kohlenstoff im Boden gespeichert wird", erklärt der Boku-Experte. Auch Pflanzenschutz ist wichtig, denn dieser ermöglicht bei relativ geringem Energieinput eine Sicherung beziehungsweise sogar eine Steigerung des Energieoutputs. "Um punktgenau und effizient zu arbeiten, brauchen wir Fortschritte bei der Digitalisierung, Fernerkundung, Einsatz von Sensoren und GPS. Das bietet in Zukunft große Chancen, um Kulturführungsmaßnahmen und Arbeitsschritte effizienter zu machen. Und daran forscht und arbeitet die Universität für Bodenkultur Wien", so Neugschwandtner vom Institut für Pflanzenbau der Boku.
Österreich ist gut auf dem Weg: Laut ÖPUL-Daten wird bereits auf rund 130.000 ha, also rund 10% der Ackerfläche, eine reduzierte Bodenbearbeitung durchgeführt. Auf 460.000 ha finden Begrünungsmaßnahmen statt. "Beides führt dazu, dass die Humusgehalte der heimischen Ackerböden gestiegen sind und damit mehr Kohlenstoff im Boden gespeichert wird", erklärt der Boku-Experte. Auch Pflanzenschutz ist wichtig, denn dieser ermöglicht bei relativ geringem Energieinput eine Sicherung beziehungsweise sogar eine Steigerung des Energieoutputs. "Um punktgenau und effizient zu arbeiten, brauchen wir Fortschritte bei der Digitalisierung, Fernerkundung, Einsatz von Sensoren und GPS. Das bietet in Zukunft große Chancen, um Kulturführungsmaßnahmen und Arbeitsschritte effizienter zu machen. Und daran forscht und arbeitet die Universität für Bodenkultur Wien", so Neugschwandtner vom Institut für Pflanzenbau der Boku.