Die besten Sorten für den Herbstanbau
Das Getreidejahr 2024 in Oberösterreich war äußerst anspruchsvoll. Die starken Niederschläge im November und Dezember sowie anhaltende Nässephasen im Frühjahr führten teilweise zu schwach ausgeprägten Wurzelsystemen und hohen Krankheitsdruck. Die Wintergerstenbestände hatten im vergangen Jahr darüber hinaus vor allem mit dem Gelbverzwergungsvirus zu kämpfen, welches so stark auftrat wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die Bestandesführung gestaltete sich durch den deutlich früheren Vegetationsfortschritt im Frühjahr oft als schwierig. Diese Herausforderungen führten dazu, dass die Erträge unterdurchschnittlich ausfielen. Auch die Qualitäten waren eher unterdurchschnittlich, wobei die Proteingehalte bei allen Getreidearten wieder deutlich über jenen vom Vorjahr lagen.
Zusätzlich zu den Versuchen der Landwirtschaftskammern, die in diesem Artikel und auf der Versuchsplattform (https://ooe.lko.at/versuche) zusammengefasst sind, gibt es auch die Sortenwertprüfung der AGES. Diese Testreihen bewerten neue Sorten an verschiedenen Standorten in ganz Österreich und vergeben Noten für agronomische Eigenschaften. Die komplette Einstufung aller in Österreich zugelassenen Sorten und die Versuchsergebnisse sind in der beschreibenden Sortenliste unter http://bsl.baes.gv.at zu finden. Ein Blick in diese Liste ist immer lohnenswert, um Informationen über die Sorten zu erhalten. So erfordern Sorten mit hoher Lagerneigung eher den Einsatz von Wachstumsregulatoren und vertragen große Stickstoffmengen weniger gut als standfeste Sorten. Auch bei bestimmten Krankheiten wie Braunrost gibt es Bewertungen von 1 bis 9. Diese Unterschiede lassen sich auch gut auf dem Feld beobachten.
Saatbett vor Saatzeitpunkt
Eine gute Bodenstruktur und ein gutes Saatbett sind wichtig, damit das Getreide auch unter schwierigen Bedingungen gute Erträge liefert. Vor allem bei Trockenheit entscheidet die Wasserhaltefähigkeit der Böden und eine gute Wurzelleistung über den Ertrag. Böden mit ausreichend Humusgehalt und guter Bodenstruktur - auch durch Kalk - können das besser. Sehr wichtig ist es, den Boden optimal zu bearbeiten. Getreidearten, vor allem Gerste, vertragen ein "Einschmieren" nicht gut. Dank der längeren Vegetationsperiode in den letzten Jahren ist eine etwas spätere, dafür trockenere Saat, gleich gut oder besser als eine nicht optimale Saat zum gewünschten Sätermin.
Versuche zu diesem Thema zeigen immer wieder, dass es meist besser ist, ein paar Tage zu warten, als das Getreide unter suboptimalen Bedingungen zu säen. Bei sehr nasser Herbstwitterung kann dies manchmal schwierig sein. Weizen ist in dieser Hinsicht robuster. Es ist jedoch wichtig, den Boden nicht langfristig zu schädigen.
Die wichtigsten Sorten für den Herbstanbau 2024
Wintergersten sollen so viele Bestockungstriebe (BBCH 24-26) bis zur Vegetationsruhe erreichen, wie Ähren angestrebt werden. Der dafür optimale Saattermin liegt je nach Jahr und Witterung rund um die erste Oktoberwoche. Bei frühen Saaten besteht die Gefahr einer zu üppigen Herbstentwicklung mit frühem Krankheitsbefall von z.B. Mehltau, Halmbruch, Netzflecken, Rost etc. Durch Blattläuse und Zikaden werden die Frühsaaten oftmals auch stärker vom Gelbverzwergungsvirus befallen. Die mehrjährigen Versuche zeigen immer mehr, dass die mehrzeiligen Sorten bessere Erträge bei gleichen Qualitäten als zweizeilige Sorten liefern. Zweizeilige Sorten sind interessant für Betriebe mit sehr hohem Wirtschaftsdüngereinsatz. Mehrzeilige Gersten benötigen weniger Stickstoff für hohe Erträge.
ZWEIZEILIGE SORTEN
Bei Zweizeiligen Gerstensorten sind Saatstärken von ca. 260 bis max. 340 keimfähige Körner je m² optimal. Zuschläge von 5 bis 10% sind nur bei ungünstigen Bedingungen wie späte Saat, schwerer Boden, grobes Saatbett, hohe Anbaulagen etc. zu wählen. Ziel wäre, im Erntejahr einen Bestand mit 700 bis 1.000 Ähren je m² zu erreichen. Das kann mit Saatstärken von 300 Körnern auch bei einem Saatzeitpunkt in der ersten Oktoberwoche erreicht werden.
- SU LAUBELLA (2020): sehr kurz, geringe Neigung zum Ährenknicken, 2023 ertragreichste zweizeilige Sorte im Versuch in Bad Wimsbach,
- LG CAMPUS (2021): beste zweizeilige Sorte im LK-Versuch in Bad Hall 2023
- ARTHENE (2022): Neuzulassung, geringe Neigung zum Halm und Ährenknicken, beste zweizeilige Sorte in den AGES Versuchen im OÖ Alpenvorland,
- KWS TARDIS (2022): Neuzulassung, sehr gute Standfestigkeit, 2024 beste zweizeilige Sorte in den LK-Versuchen in Nußbach und St. Valentin
Bei Mehrzeilige Wintergerstensorten werden Saatstärken von 220 bis 300 keimfähigen Körnern/m² empfohlen. Ziel wäre etwa 500 bis 650 Ähren je m². Der Ertrag wird bei den mehrzeiligen Gersten vorrangig über die Kornzahl pro Ähre und dem TKG beeinflusst. Überzogene Saatstärken haben oftmals viele Schmachtkörner, schlechtes TKG und natürlich entsprechende Lagergefahr. Das bestätigen auch die Versuche der Landwirtschaftskammer. Optimal geführte mehrzeilige Sorten erreichen höhere Erträge als zweizeilige Sorten.
- ADALINA (2018): hohes Ertragsniveau, sehr standfest, kaum Halm- und Ährenknicken, erreichte in den LK-Versuchen mehrjährig hohe Erträge, bei sehr guter Qualität, 2022 höchstes HL-Gewicht im Versuch Bad Wimsbach
- JOURNEY (2018): sehr hohes Ertragsniveau in den AGES-Versuchen Journey erreichte wie bei der AGES auch in den Kammerversuchen mehrjährig sehr hohe Erträge, Ertragssieger in Bad Wimsbach 2022
- SU JULE (2018): SU Jule erreichte mehrjährig sehr hohe Erträge in den LK-Versuchen mit immer über 100 Relativprozent
- FREDERICA (2021): sehr langwüchsig, 2023 Höchstertrag im Versuch in Bad Wimsbach
- JULIA (2021): mehrjährig sehr ertragreich in allen LK Versuchen. 2024 mit 107 Relativprozent.
- RGT MELA (2022): ertragreichste Sorte in der Sortenwertprüfung im OÖ Alpenvorland und auf allen drei OÖ Landessortenversuchen, Höchstertrag in Bad Wimsbach 2024
- FASCINATION (2022): resistent gegen Gelbverzwergungsvirus, 2024 hoher Ertrag in Bad Wimsbach mit 109 Relativprozent
- KWS TOLANIS (2022): ertragreiche Sorte mit Höchstertrag in St. Valentin 2024
Roggen ist die kältetoleranteste Getreideart, er kann Fröste bis minus 25° Celsius überstehen. Roggen ist zum Unterschied der anderen Wintergetreidearten ein Fremdbefruchter, deswegen ist er auch die einzige Getreideart, wo Hybridsorten deutliche Vorteile gegenüber den sogenannten Populationssorten haben. Die Hybridroggensorten sind durchwegs kürzer und etwas spätreifer als Populationssorten. Ihr höherer Ertrag basiert meist auf einer höheren Kornzahl/Ähre und einer besseren Kornausbildung. Angebaut werden beim Roggen ca. 250 Körner/m² beim Hybridroggen und 270-300 Körner bei Populationssorten. Das Anbaufenster erstreckt sich je nach Region von Mitte September bis durchaus Mitte Oktober.
Eine Möglichkeit für viehaltende Betriebe ist auch der Anbau von Grünschnittroggen. Er wird mit 350-450 Körnern/m² angebaut. Die raschwüchsigen Sorten erreichen dann Ende April bis Anfang Mai die Schnittreife und können siliert werden.
POPULATIONSROGGENSORTEN
Bei den Populationsroggen sind vorrangig SU BEBOP (2023), ELIAS (2013) und Dakowskie Turkus (2018) interessant. Sie fallen allerdings stark gegenüber den Hybridroggensorten ab und sind, auch aufgrund der geringeren züchterischen Bearbeitung, für Schwarz- und Braunrost sowie Schneeschimmel anfälliger.
HYBRIDROGGENSORTEN
Die interessanten Hybridroggensorten kommen alle aus demselben Zuchtprogramm von KWS-Lochow und werden von allen Österreichischen Saatgutunternehmen vermehrt und vertrieben.
- KWS RECEPTOR (2019): liefert gute Erträge, aber etwas lageranfällig und auswuchsgefährdet
- KWS DETEKTOR (2021): mit guten Erträgen, etwas anfälliger für Mutterkorn (Note 5)
- KWS TAYO (2018): liefert Höchsterträge, aber mit Stufe 4 etwas weniger standfest, dafür etwas weniger anfälllig für Mutterkorn, ansonsten sehr gesund
- KWS PULSOR (2021): liefert ähnlich hohe Erträge wie KWS Tayo, laut AGES etwas anfälliger für Mutterkorn (Note 5)
Das optimale Zeitfenster für den Triticaleanbau reicht von Ende September bis Mitte Oktober, damit die Bestockung im Herbst noch gesichert erfolgen kann. Triticale beeindruckt durch hohe Leistungsfähigkeit und hat annähernd das Ertragspotential guter Winterweizensorten.
Die Mehrzahl der Triticalesorten ist zwar wenig krankheitsanfällig, kann jedoch zur Vermehrung der Schwarzbeinigkeit beitragen. Das zeigt sich beim Nachbau von Wintergetreide, aber auch Triticale nach Triticale ist nicht zu empfehlen. In der Fruchtfolge sollten bei Triticale und Roggen 3 Jahre Abstand eingehalten werden. Triticale hat seine Krankheitsresistenz vor allem aus seiner Züchtungsgeschichte. Mittlerweile adaptieren sich aber auch die Krankheiten an die Triticale.
Die Saatstärke sollte keinesfalls zu hoch angesetzt werden und je nach Saatzeitpunkt und Sorte zwischen 220 und 250 Körner/m2 liegen. Originalsaatgut ist wegen entsprechender Beizung gegen Fusarien der Vorzug zu geben. Nachbausaatgut ist wegen der unsicheren Keimfähigkeit und Aufspaltung klar im Nachteil.
So wird durch die Beizung der Schneeschimmel, neben strengem Frost eine der Hauptursachen für Auswinterungsschäden, vermieden.
- BREHAT (2019): ertragstarke Triticale in den AGES-Versuchen (vor allem im Mühl und Waldviertel) und auch wenig auswuchsgefährdet, außerdem ist sie wenig anfällig für Braunrost, Probleme hat Brehat mit der Standfestigkeit und mit Schneeschimmel.
- SU LAURENTIUS (2021): relativ kurz und wenig lageranfällig (Note 3), ertragsstark,
- RGT FLICFLAC (2020): sehr kurz (Note 2) und wenig lagergefährdet, trotzdem ein guter Ertrag (Note 8)
- RIVOLT (2020): Am ertragreichsten in der AGES eingestuft (Note 9), ertragsstärkste Sorte im Mühl- und Waldviertel sehr gut gegen Braunrost (Note 2) und Gelbrost (Note 3)
- TRIMONDO (2021): sehr ertragreich, hatte 2022 auf manchen Standorten ein Problem mit Gelbrost, auswuchsfest (Note 3)
- LUMACO (2021): sehr gesund (gute Noten bei allen Krankheiten) und ertragreich
- RGT TAMAC (2022): ertragreiche und gesunde Neuzüchtung, anfällig bei Mehltau
Weizen ist von der Saatzeit sehr flexibel, Sätermine von Anfang Oktober bis Anfang November sind als optimal einzustufen. Auch mit späteren Säterminen kommt Weizen bei angepasster Bestandesführung gut zurecht, was der Spätsaatversuch in Wilhering 2021 zeigt. Mit angepasster Startdüngung konnten bei einem Sätermin am 15. November noch sehr gute Erträge erzielt werden.
Bei Weizensaaten Anfang Oktober sind etwa 220 keimfähige Körner je m², bei Aussaaten Ende Oktober ca. 300 Körner je m² und Mitte November etwa 340 Körner je m² ausreichend. Grundsätzlich ist noch anzumerken, dass, wie in mehreren LK-Versuchen bestätigt, bei reduzierten Saatmengen der Ertrag nur durch Originalsaatgut garantiert werden kann und dadurch auch der Züchtungsfortschritt und die Produktivität einer Sorte gewährleistet ist.
Dünnere Saatstärken können im Frühjahr besser geführt werden, weil nicht die Gefahr besteht, dass die Weizen zu dicht werden. Bei zu dichten Weizen muss man mit der Stickstoffdüngung warten, bis die Pflanzen Triebe reduzieren, darf aber die Pflanzen nicht zu lange hungern lassen. Dünne Saaten können zu den optimalen Terminen gedüngt werden.
Futterweizen
- WPB CALGARY (2017): langjährig eine der ertragsstärksten Sorten am Markt. Auch 2024 in den LK Versuchen mit 102 Prozent Relativertrag leicht überdurchschnittlich. Trotz seiner Einstufung in Backqualität 4 ist er eher als Futterweizen zu sehen.
- CHEVIGNON: ist ein Futterweizen, der in Österreich nicht zugelassen ist. Er wird als sehr ertragreich beschrieben, was er auch in den Sortenversuchen der Landwirtschaftskammern zeigte. Er erreichte mehrjährig hohe Erträge über alle Standorte, so auch heuer mit 104 Prozent Relativertrag.
- CAMPESINO: ist ein ebenso ein Futterweizen ohne österreichische Zulassung, der 2024 in Hargelsberg, Wilhering und Bad Wimsbach mit dem Höchstertrag überzeugen konnte.
- KWS KEITUM: neuer Futter- bzw. Brauweizen. Sehr ertragsstark bei Versuchen in Deutschland. Mittelspät und sehr blatt- sowie ährengesund. 2024 erstmals in den LK Versuchen in OÖ. Höchstertrag in Nußbach und 107 Prozent Relativertrag über alle Standorte im Feuchtgebiet.
- TIBERIUS (2017): ist stark gegen Mehltau und Gelbrost, aber sehr Braunrost gefährdet (8). Überzeugend in den LK Versuchen mit stabilen Hektolitergewichten. 2024 Höchstertrag der Mahlweizensorten am Standort Hargelsberg.
- THALAMUS (2021): sehr gesund und standfest, 2022 Sieger im LK-Versuch in Wilhering. 2024 konnte er die sehr hohen Erträge vom Vorjahr nicht ganz erreichen.
- CALIFORNIA (2022): Neuzulassung, standfest, gute bis mittlere Blattgesundheit, ertragsstark, vor allem auf den Versuchsstandorten in Bad Wimsbach (105%) und Krottendorf (103%)
- ERNESTUS (2022): Neuzulassung, standfest, gute Blattgesundheit, auswuchsgefährdet, sehr ertragsstark auf allen Versuchsstandorten, Sortensieger 2024 in Krottendorf
Qualitätsweizen
Für Markenprogramme oder beim Vertragsanbau können auch Qualitätsweizensorten in Oberösterreich interessant sein. Wichtig dabei ist, dass man in diesem Bereich Sorten wählt, die gut mit der Hauptkrankheit Septoria tritici zurechtkommen.
Neben dem bewährten AURELIUS konnten sich heuer die Sorten MONACO, EKONOM und MOSCHUS in den Versuchen gut platzieren. Diese Sorten sind deswegen interessant, weil sie ertraglich nicht allzu sehr gegen die Mahlweizensorten abfallen.