Bewirtschafteter Wald ist ein Klimaheld
Die Waldfläche und der Holzvorrat haben in den vergangenen fünfzig Jahren in Österreich massiv zugelegt. 4,02 Millionen Hektar oder 48 Prozent der Landesfläche sind heute von Wald bedeckt. Jährlich nimmt die Fläche um rund 3.400 Hektar zu. Ein gutes Viertel davon stockt in der Steiermark und macht hier bereits 62 Prozent aus. Bezogen auf das Holzvolumen hat Österreich einen Gesamtvorrat von rund 1,18 Milliarden Vorratsfestmeter, im Schnitt 351 Vorratsfestmeter pro Hektar.
Green Deal
Laut Green Deal der EU-Kommission sollen bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden. Der europäische Wald gilt dabei als größter CO2-Speicher. Über delegierte Rechtsakte sollen Regulierungen greifen. Diese sind teils widersprüchlich, sehen Nutzungseinschränkungen vor und lösen Zielkonflikte aus. Der Österreichische Forstverein hat hieb- und stichfeste Grundsätze zum Kohlenstoffmanagement durch Waldbewirtschaftung und Holzverwendung der EU-Kommission als Musterbeispiel einer klimafitten, nachhaltigen Waldwirtschaft übermittelt.
Zielkonflikte vermeiden
Bei einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sind Biodiversitäts- und Klimaschutzziele auf jeden Fall vereinbar. Die Forcierung bestehender Maßnahmen wie die Förderung von Biotopbäumen, Altholzinseln und Naturwaldreservaten im Zuge des freiwilligen Vertragsnaturschutzes sind Teil der multifunktionalen Waldwirtschaft und Ökodienstleistungen der Waldbewirtschafter.
Krisenbewältigung
Wald und Holz sind Teil der Krisenbewältigung. Die aktive Bewirtschaftung der Wälder und die effiziente stoffliche und energetische Nutzung von Holz können einen maßgeblichen Beitrag leisten. Aber: Nur die Maximierung der Kohlenstoffspeicherung allein ist als einzige waldbezogene Strategie zur Bewältigung der Klimakrise untauglich. Eine Dekarbonisierung der Wirtschaft kann ohne vermehrte Verwendung von Holz nicht gelingen. Großflächige Außer-Nutzung-Stellungen von Wäldern sind hochriskant und können durch Schadereignisse neue schwerwiegende Probleme auslösen. Einkommen der Waldbewirtschafter, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der holzverarbeitenden Industrie und Arbeitsplätze in ländlichen Regionen stünden auf dem Spiel. Um die benötigen Holzmengen auf die Märkte zu bringen, würde etwa die Ausbeutung der Regenwälder weiter vorangetrieben. Das Kohlenstoffmanagement ist eine Klimaschutz-Dienstleistung. Durch die Photosynthese wird der Atmosphäre Kohlenstoff entzogen und in den Bäumen gespeichert. Ein wirkungsvoller Klimaschutz muss die Wälder vital halten und den im Holz gebundenen Kohlenstoff für die Bioökonomie nachhaltig nutzen. Durchforstete Waldbestände bilden kräftige Baumkronen aus, haben eine höhere Resistenz und sind weniger anfällig als dichte Bestände. Der Kohlenstoffgehalt der Waldböden liegt in Österreich im Bereich der Sättigungspotenziale. Die Vermeidung fossiler Emissionen ist der wirkmächtigste Beitrag zum Klimaschutz. CO2-intensive Materialien müssen durch biogenen Kohlenstoff wie Holz ersetzt werden.
Klimaschutz honorieren
Klimaschutz-Dienstleistungen müssen in Zukunft honoriert werden. Bei einem Zertifikatshandel würde aktuell nur die Zusätzlichkeit, also was von einer Grundlinie gerechnet wird, als Kohlenstoffbindung Berücksichtigung finden. Unsere Baseline an Holzvorräten ist bereits extrem hoch. Als Musterschüler würden wir leer ausgehen, während Länder mit geringer Waldausstattung Gewinner wären. Es braucht daher ein System, das Maßnahmen honoriert, die Wälder klimafit zu halten.
Was zu tun ist
- Maßnahmenplan zum Ausstieg aus Fossilenergie
- Rahmenbedingungen schaffen für neue Klimaschutzmärkte
- Die 1,18 Milliarden Vorratsfestmeter als Vorleistung anerkennen
- Jährlicher Zuwachs muss weiterhin geerntet werden dürfen
- Zusätzlicher Kohlenstoffaufbau durch Vertragsklimaschutz abgelten
- Einrichtung eines Klimaschutzfonds, der von Großemittenten gespeist wird
- Großflächige Außer-Nutzung-Stellungen verhindern
- Energetische Nutzung von Holz ersetzt fossile Rohstoffe
- Langlebige Holzprodukte als Klimaschutzleistung honorieren
- Holzbauoffensive zur zusätzlichen CO2-Bindung
- Einseitige Verpflichtung der Waldbesitzer zu Klimaschutzleistungen wird strikt abgelehnt – faire Entschädigungen notwendig
Unser Wald ist große Kohlenstoff-Senke – er bremst den Klimawandel
Der österreichische Wald ist eine sehr wichtige Kohlenstoffsenke. Das bedeutet: Er kann mehr klimaschädliches CO2 aufnehmen als er abgibt. Damit bremst er die Erderwärmung.
- Der österreichische Wald speichert 3,6 Milliarden Tonnen CO2 (Kohlendioxid). Das ist mehr als die 40-fachen jährlichen Treibhausgasemissionen in unserem Land. Während in der oberirdischen Biomasse rund 41 Prozent Kohlenstoff gebunden sind, ist die Speicherwirkung des Bodens mit rund 59 Prozent deutlich höher.
- Wird Holz nicht zum Bauen oder zur Energiegewinnung genutzt, verrottet es im Wald. Dabei gelangt das CO2 wieder in die Atmosphäre. Der Zeitraum bis zur Zersetzung des Totholzes ist, bezogen auf die Baumarten und die Dimension, unterschiedlich. Bei der Fichte dauert es im Schnitt 100 Jahre, bei der Buche 40 Jahre, bis 90 Prozent des Holzes natürlich zersetzt ist.
- Der bewirtschaftete Wald spart zehnmal mehr CO2 ein, konkret fünf Tonnen pro Hektar, als naturbelassene Wälder.
- Durch die Holzernte und die Aufforstung sowie die Naturverjüngung wird neuer „Speicherplatz“ geschaffen, während sich die Speicherwirkung im entnommenen Holz fortsetzt. Zugleich werden mit dem verwendeten Holz andere fossilbasierte Stoffe ersetzt, die ansonsten zusätzliches CO2 verursachen.
Nachhaltig bewirtschaften: Drohende Hürden
Trotz Klimaschutzwirkung des Waldes lauern Hemmnisse.
- Einschränkung der Holznutzung. Die EU-Verordnung Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LuLucF) verpflichtet jeden Mitgliedsstaat, die Emissionen aus der Landnutzung vollständig innerhalb dieses Sektors wieder auszugleichen. LuLucF schränkt die mögliche Holznutzung für Österreich auf rund 20 Millionen Festmeter ein.
- Außer-Nutzung-Stellen. Die neue EU-Biodiversitätsstrategie 2030 ist ein ehrgeiziger Plan zum Schutz der Natur und zur Umkehr der Verschlechterung der Ökosysteme. Sie muss von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Konkret sind 30 Prozent der Wälder unter Schutz und zehn Prozent außer Nutzung zu stellen, der Totholzanteil (zehn Prozent vom Holzvorrat) und die Kohlenstoff-Speicherung sind im Wald zu erhöhen.
- Massive Einschränkung der Bewirtschaftung. Die EU-Biodiversitätsstrategie soll dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu sein. Die EU-Kommission versucht, damit die Waldkompetenz von den Mitgliedsstaaten nach Brüssel zu verlagern und die Waldbewirtschaftung massiv einzuschränken. Ökologie geht dabei vor Ökonomie.
- EU-Taxonomie-Verordnung. Enthält Kriterien, ob eine Wirtschaftstätigkeit in der Finanzwelt als ökologisch nachhaltig einzustufen ist (Taxonomie). Vorgesehen ist: 20 Prozent des Wirtschaftswaldes außer Nutzung zu stellen, Kahlschläge auf 0,3 Hektar zu begrenzen, eine Klimanutzenanalyse bei Holznutzung zu erbringen und 30 Biotopbäume je Hektar zu pflanzen.
- Erneuerbare Energierichtlinie. Mit RED III will die EU bis 2030 aus der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen aussteigen. Biogene Energieträger wie Holz werden durch praxisuntaugliche Nachhaltigkeitskriterien eingeschränkt. Eine ordnungspolitische Stofflenkung durch Kaskadenzwang (stoffliche vor energetischer Nutzung) ist vorgesehen. Die Devise lautet, Atomenergie statt Holzkraftwerke.
Bis 2030: Holzbau stark forcieren!
Ab sofort sind Investitionen in langlebige Holzprodukte, auf Basis der nachhaltigen Waldwirtschaft besonders wichtig. Das wird dem Ziel der Europäischen Kommission, mit dem Green Deal der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, gerecht. Solche Produkte sind vermehrt in der Bauwirtschaft in Verwendung. Der Baubereich ist beim Klima ein Nachzügler. Als Dreh- und Angelpunkt bedarf es einer Reform der Bauwirtschaft. Mit 40 Prozent der globalen Emissionen und etwa 40 Prozent allen Abfallaufkommens ist der Sektor ein Nachzügler beim Einsparen von Treibhausgasemissionen. Mit der Kreativinitiative „Das Neue Europäische Bauhaus“ soll diesem Versäumnis nun entgegengewirkt werden, denn die Zeit drängt. Im Schulterschluss der Wertschöpfungskette Holz würden damit die Klimaleistungen potenziert. Holzbau als aktiver Klimaschutz muss allerdings leistbar bleiben und als Anreiz mit einem Klimabonus verbunden sein. Dazu muss die Politik europaweit deutliche Anreize schaffen. Es würden sich innerhalb der öffentlichen Beschaffung Maßnahmen – finanzielle und informative Anreize sowie die Einbindung von CO2-Speicher- und Substitutionskriterien – anbieten.
2031 bis 2050: Neue holzbasierte Produkte
Für eine mittelfristige Zeitspanne von 2031 bis 2050 muss sich der österreichische waldbasierte Sektor und die Holzwirtschaft auf ein vermehrtes Angebot und insbesondere auf die unterschiedlichen Materialeigenschaften von Laubholz anpassen. Dies wird durch Investitionen in Innovationen, Forschung und Entwicklung, Erforschung und den Einsatz von neuen Materialien und Verarbeitungsformen sowie eine Intensivierung der Holz-Cluster seitens der Wissenschaft vorgeschlagen. Mit dem Projekt der „Dynamischen Waldtypisierung“ des Landes Steiermark wurde dazu eine wertvolle Vorarbeit geleistet. Anhand verschiedener Klimaszenarien kann die Klimaveränderung für alle Waldstandorte in unserem Bundesland simuliert werden. Damit wurde für die Waldbewirtschafter eine optimale Entscheidungshilfe für die zukünftige Baumartenwahl und die Umsetzung wichtiger Waldbaumaßnahmen geschaffen. Nachdem in Laub- und Laubmischwäldern andere Bewirtschaftungsgrundsätze gelten als in Nadelwäldern, sind in diesem Zusammenhang Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zu forcieren. Die Ergebnisse der Laubholzsubmissionen zeigen deutlich, dass für Edellaubhölzer sehr gute Preise bezahlt werden.
Nach 2050: Vorratshaltige Bewirtschaftung
Langfristig, also von 2051 bis 2100 ist eine kontinuierliche, vorratsnachhaltige Bewirtschaftung des österreichischen Waldes weiter notwendig. Auch die Modellierungen der Szenarien zeigen, dass im Wald langfristig Sättigungseffekte auftreten und die Senken- sowie Pufferwirkung des Waldes zukünftig langfristig abnimmt, bei verstärkter Klimaerwärmung kehrt sie sich sogar um. So kann es sein, dass der Wald in einem Zeitfenster von 10 bis 90 Jahren zu einer CO2-Quelle wird. Das zeigt aber auch deutlich, dass großflächige Außer-Nutzung-Stellungen des Waldes, wie sie von der Europäischen Kommission in der Biodiversitäts- und der Taxonomie-Verordnung vorgesehen sind, Hochrisikokonzepte sind. Das Risiko von Schadereignissen und Kalamitäten würde so sprunghaft zunehmen. Der durchschnittliche Holzvorrat im österreichischen Wald hat seit den 1990er Jahren pro Hektar um rund 60 auf 351 Vorratsfestmeter pro Hektar zugenommen. Die Ergebnisse der österreichischen Waldinventur zeigen, dass allein in der Steiermark durch wichtige Durchforstungs- und Verjüngungsmaßnahmen aktuell 78 Millionen Festmeter Holz genutzt werden sollten.